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Pop Personae - Rückblick auf die internationale und interdisziplinäre Tagung
06.02.2020
© Jonas Würdinger
Popular Personae. Performing and Negotiating Identities in Popular Music
Internationale und Interdisziplinäre Tagung, Universität Bayreuth, Wintersemester 2019/20
Gefüllt von fruchtbringendem Austausch unterschiedlicher kultureller Prägung und verschiedener disziplinärer Perspektiven fand am 24. und 25. Januar 2020 die Tagung „Popular Personae. Performing and Negotiating Identities in Popular Music” an der Universität Bayreuth statt. Im Zentrum stand dabei die Frage, wie im Popmusikbetrieb Star Personae durch Musik, Narrative oder visuelle Aspekte kreiert werden. Die Tagung wurde als interdisziplinäres Kooperationsprojekt von Prof. Dr. Kordula Knaus (Musikwissenschaft), Prof. Dr. Jeanne Cortiel (Amerikanistik) und Dr. Katharina Rost (Theaterwissenschaft) veranstaltet und von der Stabsstelle für Chancengleichheit gefördert.
Die Interdisziplinarität der Gastgeberinnen spiegelte sich auch in den Beiträgen der Wissenschaftler*innen sowie den methodischen und theoretischen Ansätzen ihrer wissenschaftlichen Arbeiten wider. Als Featured Speakers waren Philip Auslander (Georgia Institute of Technology), Aisha Durham (University of South Florida), Stanley Hawkins (University of Oslo) und Paula-Irene Villa (LMU München) geladen. Im Fokus von Philip Auslanders Beitrag „In Concert: Performing Musical Persona“ stand die Interaktion zwischen Musiker*innen und Publikum. Die Authentizität einer Performance begründe sich im beiderseitigen Einverständnis zwischen Publikum und Performer*innen und der Bereitschaft von Musiker*innen, Erwartungen von Mitgliedern einer Musikszene zu erfüllen. Paula-Irene Villa zeichnete aus soziologischer Perspektive eine Genealogie des Fleischkleides als metaphorisches Kostüm des Protests gegen die (sexuelle) Objektifizierung von Frauenkörpern. Eine weitere Form des Protests gegen die Objektifizierung sieht Villa im populärkulturellen Phänomen der Selbstpornografisierung in Anlehnung an Angela McRobbies Begriff der phallischen Position. Aisha Durham stellte anhand der Popkünstlerinnen Missy Elliot, Beyoncé und Janelle Monaé Strategien des afrofuturism vor, mittels welcher Schwarze (Frauen-)Körper gegenüber rassistisch-sexistischen Inszenierungen zurückerobert würden. Stan Hawkins beleuchtete die Selbst-Ästhetisierung von Dandies, welche sich sowohl auf visueller Ebene („contempt, attire, narcissism“) als auch auf auditiver Ebene durch vocal costuming vollziehe.
Neben den wissenschaftlichen Beiträgen, präsentierten Studierende der Universität Bayreuth künstlerische Ergebnisse ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema Pop Personae. Die Ausdrucksformen reichten dabei von Graphic Novel zu Pop-Songs bis hin zu Musikvideos.
Im Laufe der Tagung wurde immer wieder der fortdauernde Konstruktionsprozess von Popular Personae – abgeleitet von Philip Auslanders Begriff der Musical Persona ̶ thematisiert. Die Verhandlung des Phänomens Popular Personae führte neben der Frage nach geeigneten Analyseverfahren unter den Teilnehmer*innen zwangsläufig auch zu Diskussionen über das Verständnis von identity. Stan Hawkins schlug den Begriff der Subjektivität („subjectivity“) vor und Paula-Irene Villa plädierte für den Begriff der sozialen Position („social position“). Viel besprochen wurde der Themenkomplex Körper und Verkörperung in Zusammenhang mit Pop Personae, wie unter anderem in Marija Grujics Beitrag zur Dance Persona (Institute für Literature and Art Belgrade) sowie im Beitrag von Claudia Liebelt (FU Berlin) zu Ästhetischer Körpermodifikation. Patrick Grealey (University of Oxford) führte den Begriff der sonic identity ein, anhand dessen er sein Vorhaben darlegte, akustische Merkmale und Eigenheiten von Popmusiker*innen zu erforschen, welche zur Konstruktion von Musical Personae betragen.Die Figur des Dandys stand nicht nur in Stanley Hawkins Vortrag im Vordergrund, sondern war auch zentraler Gegenstand in Katharina Rosts Beitrag (Universität Bayreuth) „Dandies, Rockers ans Younglings. Female Pop Musicians’ Embodiment of Familiar Male-Coded Figures“. Weiter Beiträge befassten sich mit Strategien der Popstar-Produktion wie u.a. Marie-Anne Kohl (Universität Bayreuth) im Hinblick auf Casting Shows als glocales Phänomen und Alicja Sulkowska (Bauhaus-Universität Weimar) mit Fokus auf Heterotopien Koreanischer Popmusik. Steffen Just und Pascal Rudolph verfolgten einen medienspezifischen Ansatz, wobei Just die Bedeutung der Technologie für die Konstruktion von Pop Personae untersuchte und Rudolph seine Überlegungen und Forschungsergebnisse zu Auftritten von Popmusiker*innen im Film präsentierte.
In die Diskussionen eingebracht wurden darüber hinaus Fragen, die in der Vergangenheit an die Wissenschaftler*innen herangetragen wurden, wie die Frage, welche Forschungsgegenstände populärer Kultur als angemessen gelten können. Häufig impliziere die Frage der Angemessenheit populärkultureller Forschungsgegenstände eine Abwertung in Abgrenzung zu sogenannter Hochkultur.
Nicht alle Fragen, die im Laufe der zwei Tage aufkamen, konnten beantwortet werden und müssen daher vorerst ihrer Auflösung harren: What is art? Und Ist Lady Gaga eine Popular Persona oder doch eher ein Algorithmus?
© Jonas Würdinger
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